Eine Empfehlung der Ständigen Arbeitsgemeinschaft Mikrobiologische

Richt- und Warnwerte für Lebensmittel

Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM e.V.)


  

Präambel (vom 20.03.2018)

Ziel und Zielgruppen

Die mikrobiologischen Richt- und Warnwerte der DGHM geben der Wirtschaft und den Behörden eine Grundlage zur Beurteilung des mikrobiologisch-hygienischen Status eines Lebensmittels oder einer Lebens­mittelgruppe. 

Recht und Geltungsbereich

In der EU gibt die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 in der aktuell gültigen Fassung Auskunft über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel. Die Richt- und Warnwerte der DGHM verstehen sich daneben für ausgewählte Lebensmittel als Empfehlung in Hinblick auf deren hygienisch-mikrobiologische Beschaffenheit und sind rechtlich nicht bindend. Die Empfehlungen gelten in der Regel für Angebotsformen mit der Zielgruppe Endverbraucher, d. h. für im Verkehr befindliche Lebensmittel während der Haltbarkeitsdauer. Die jeweiligen Richt- und Warnwerte gelten nur für die ange­gebenen Lebensmittel und sind nicht auf andere Lebensmittel zu übertragen. Die Richt- und Warnwerte sind als Maximal- bzw. Endpunktwerte zu betrachten. Die Beurteilung der Messunsicherheit obliegt dem Sachverstand des jeweiligen Untersuchungslabors.

Grundlage und Entstehung der Richt- und Warnwerte

Grundlage der mikrobiologischen Richt- und Warnwerte sind Art und Anzahl bestimmter Mikroorganismen, die für den gesundheitlichen Verbraucherschutz und für die Beurteilung der spezifischen Beschaffenheit eines Produktes relevant sind. Spezifische Rezepturen und Herstellungsverfahren werden bei der Erstellung der Werte beachtet. Die Werte werden von den Arbeitsgemeinschaftsmitgliedern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Überwachung in gemeinsamer Beratung unter Berücksichtigung geltender nationaler und europäischer Gesetzgebung erarbeitet. Die Werte werden aus umfänglichem Datenmaterial ermittelt, das von Dienst­leistungslaboren, Industrie, Überwachungseinrichtungen, Verbänden und Handwerk zur Verfügung gestellt wird.

Vor Herausgabe einer Empfehlung für Richt- und Warnwerte wird diese als Entwurf veröffentlicht. Bereits veröffentlichte Empfehlungen werden regelmäßig überprüft und im Status der Überarbeitung mit „IN REVISION“ gekennzeichnet. Sobald ein neuer Entwurf erstellt wurde, ersetzt dieser die „IN REVISION“ befindliche Empfehlung. Entwürfe von Richt- und Warnwerten sind mindestens 3 Monate für die Diskussion zugänglich. Einwände aus Fachkreisen werden in der Arbeitsgemeinschaft diskutiert. Wird der Entwurf aufgrund der Einwände nochmals verändert, verlängert sich der Entwurfstatus. Nach Würdigung aller Einwände wird die Empfehlung unter Angabe des Erscheinungsjahres veröffentlicht.


Definition

Richtwerte (Guidance Values) geben eine Orientierung, welches produktspezifische Mikroorga­nismenspektrum zu erwarten und welche Mikroorganismengehalte in den jeweiligen Lebensmitteln bei Einhaltung einer guten Hygiene- und Herstellungspraxis zufriedenstellend sind. Proben mit Keimgehalten unter oder gleich dem Richtwert sind, unter mikrobiologischem Aspekt, grundsätzlich unauffällig. Der Richtwert ist somit vergleichbar mit dem Wert „m“ der ICMSF (2018)*. 

Im Rahmen der betrieblichen Kontrollen kann eine Überschreitung des Richtwertes auf Schwachstellen in der Hygiene- und Herstellungspraxis hinweisen. Maßnahmen zur Verbesserung der Hygiene- und Herstellungspraxis oder die Festlegung der Haltbarkeitsdauer sind zu prüfen. Bei Überschreitung des Richtwertes durch Verderbsorganismen, für die keine Warnwerte angegeben werden, sollten zur Beurteilung weitere Kriterien, v. a. jedoch sensorische Abweichungen, Be­rücksichtigung finden.

Warnwerte(Critical Values) geben Mikroorganismengehalte an, deren Über­schreitung einen Hinweis darauf gibt, dass die Prinzipien einer guten Herstellungs- und Hygienepraxis verletzt oder, dass z.B. das Haltbarkeitsdatum zu lange bemessen wurde. Bei einer Warnwertüberschreitung von pathogenen Mikroorganismen wie z.B. Salmonella und Listeria monocytogenes, ist eine Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers nicht auszuschließen. Die Zusammensetzung des Lebensmittels, die weitere Zubereitung für den Verzehr sowie die Zweckbestimmung werden berücksichtigt. Der Warnwert ist somit vergleichbar mit dem Wert “M” der ICMSF (2018)*.

*INTERNATIONAL COMMISSION ON MICROBIOLOGICAL SPECIFICATIONS FOR FOODS (ICMSF): Microorganisms in Foods 7: Microbiological Testing in Food Safety Management. Springer, 2. Auflage, 2018

Mitglieder der derzeitigen Arbeitsgruppe:
P. Andrei, Offenburg; B. Becker, Lemgo; D. Drissner, Sigmaringen, R. Gruß, Neckarsulm; R. Hörner, Hamburg; J. Kabisch, Kiel; J. Krämer, Bonn; H.- G. Leusch, Dortmund; U. Messelhäußer, Oberschleißheim; H. Oberreuter, Fellbach; R. Pichner, Fulda; A. Prange, Mönchengladbach; M. Schotte, Arnsberg; S. Stähle, Berlin; R. Zschaler, Hamburg 

Korrespondenzanschrift:

Prof. Dr. Dr. Dr. habil. Alexander Prange
Dr. Susanne von Ameln
c/o Hochschule Niederrhein
Mikrobiologie und Lebensmittelhygiene
Rheydter Str. 277
41065 Mönchengladbach

E-Mail: richt-warnwerte@dghm.de